Sachverständigenrat für Umweltfragen

Umwelt in schlechter Verfassung?


"Der Umweltschutz in der Föderalismusreform"

Aktuelle Stellungnahme des Sachverständigenrats für Umweltfragen

Datum 08.02.2006

Die umweltpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands auch im europäischen und internationalen Rahmen wird substanziell geschwächt, wenn die Koalitionsvereinbarung zur Föderalismusreform vom November 2005 nicht grundlegend überarbeitet wird.


Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) kommt in einer detaillierten Analyse des Vorschlages der Koalitionsarbeitsgruppe zur Reform der bundesstaatlichen Ordnung zu dem Ergebnis, dass die beabsichtigte Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Umweltschutz unsystematisch, lückenhaft und in erheblichem Maße für Bund-Länder-Konflikte anfällig ist. Mit fünf verschiedenen Kompetenzmodellen, die jeweils unterschiedliche Befugnisse von Bund und Ländern festlegen, würde die geplante Föderalismusreform eine weitere Zersplitterung der Materien des Umweltschutzes fördern. Der Entwurf gefährdet auch das selbst gesetzte Ziel der Bundesregierung, ein einheitliches Umweltgesetzbuch zu schaffen. Für wesentliche Bereiche des Umweltschutzes wie den Klimaschutz und die Förderung Erneuerbarer Energien fehlen überhaupt spezielle Kompetenzzuweisungen. Der europarechtlich geforderte und in der Fachwelt als unerlässlich angesehene integrierte Umweltschutz, der Luft, Wasser, Boden und Natur in ihren Wechselbeziehungen betrachten soll, wird vor gravierende, kaum zu bewältigende Regelungsprobleme gestellt.


Aufgrund einer Reihe unklarer Zuständigkeitsabgrenzungen ist der Reformentwurf der Koalitionspartner in hohem Maße dafür anfällig, Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern einschließlich des „Ganges nach Karlsruhe“ herbeizuführen.


Die exzessiven Abweichungsrechte für die Bundesländer in den Bereichen Naturschutz, Gewässerschutz und Raumordnung werden nach den bisherigen Erfahrungen aus der Staatspraxis in hohem Maße zu inhaltlich unterschiedlichen Landesregelungen führen. Unter dem Druck des internationalen Standortwettbewerbs wird es insbesondere in den Bereichen des Natur-, Hochwasser- und Gewässerschutzes sowie der umweltbezogenen Planung zu einem Wettlauf um die Absenkung von Umweltschutzstandards kommen. Die exzessiven Abweichungsrechte der Bundesländer gefährden überdies die bundesweit abgestimmte Umsetzung von Europarecht.


Der SRU hält stattdessen eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das "Recht des Umweltschutzes" gleichsam "aus einem Guss" für notwendig. Dem berechtigten Interesse der Länder nach eigenständigen Gestaltungsspielräumen sollte primär durch einfachgesetzliche Öffnungsklauseln entsprochen werden, die der Bundesgesetzgeber aufgaben- und sachbezogen festlegt. Zudem betont der SRU, dass bereits jetzt im Naturschutz-, Wasserhaushalts- und Raumordnungsrecht ganz erhebliche Gestaltungsspielräume der Länder für die Berücksichtigung der örtlichen und regionalen Besonderheiten gegeben sind.


Die Aktuelle Stellungnahme des SRU "Der Umweltschutz in der Föderalismusreform" wird auf Wunsch aller im Bundestag vertretener Parteien am 8. Februar um 11.00 Uhr in öffentlicher Sitzung des Umweltausschusses vom Vorsitzenden des SRU, Prof. Dr. Hans-Joachim Koch vorgestellt.

Download:
Stellungnahme "Der Umweltschutz in der Föderalismusreform".

Weitere Informationen erhalten sie bei Dr. Christian Hey, Tel. (030) 263696-0.

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