Sachverständigenrat für Umweltfragen

Europäische Fischereipolitik auf dem Prüfstand: SRU sieht dringenden Reformbedarf in der Gemeinsamen Fischereipolitik

Datum 20.10.2009

Im April dieses Jahres hat die Europäische Kommission ein Konsultationspapier (Grünbuch) zur Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik veröffentlicht. Ungewöhnlich schonungslos gesteht dabei die Kommission das Versagen der bisherigen europäischen Fischereipolitik ein. Diese hat kurzfristige Interessen vor eine dauerhafte Bestandssicherung gestellt, eine überdimensionierte Fischereiflotte gefördert und leidet unter Vollzugsschwäche. In seiner Antwort auf die Befragung der Kommission spricht sich der SRU für wirkungsvolle Maßnahmen zur Beendigung der Überfischung und zum Schutz der Meeresökosysteme aus.

Fehlentwicklungen der Fischereipolitik

Konsequenzen der fehlgeleiteten Europäischen Fischereipolitik sind laut Europäischer Kommission, dass:

  • 88 % der Fischbestände in den Europäischen Meeren als übernutzt gelten, 30 % der Bestände als bedroht;
  • ein Grossteil der Fische noch vor der Geschlechtsreife gefangen wird, bei Nordsee-Dorsch liegt dieser Anteil bei 93 %
  • und die wenigsten Fischereien als wirklich profitabel gelten.

Prof. Dr. Niekisch, Direktor des Frankfurter Zoos und Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) kommentiert: "Die Gemeinsame Fischereipolitik muss endlich in nachhaltige Bahnen gelenkt werden. Neben dem Problem der Überfischung werden immer noch große Mengen von Jungfischen und nicht wirtschaftlicher Arten mitgefangen und anschließend wieder über Bord geworfen. Die meisten der Tiere verenden. Diese Nutzfische sowie seltene Krebs- und Muschelarten gehen dem Bestand und dem Ökosystem verloren. Auch Aktivitäten wie Grundschleppnetzfischereien, die den Meeresboden regelrecht durchpflügen, bedrohen die Biodiversität der Meere."

Reformansätze

Nach Ansicht des SRU sind für eine nachhaltige Fischereipolitik, die sowohl den langfristigen Erhalt der Fischereiwirtschaft und somit der damit verbundenen Arbeitsplätze wie auch den Schutz der Meereslebensräume im Blick behält, folgende Punkte unerlässlich:

Die europäische Fischereiflotte muss auf ein Maß reduziert werden, das eine ressourcen- und umweltgerechte Bewirtschaftung der Fischbestände zulässt.

  • Fischereiquoten sollten ausschließlich auf der Basis wissenschaftlicher Empfehlungen festgelegt werden.
  • Sämtliche Subventionen, die direkt oder indirekt zum Erhalt der überdimensionierten europäischen Fischereiflotte beitragen, müssen gestoppt werden.
  • Ein Rückwurfverbot muss eingeführt und das Fischereimonitoring verbessert werden.
  • Technische Maßnahmen zur Reduzierung des Beifangs (beispielsweise Fluchtfenster in Fischereinetzen) sollen weiterentwickelt und auch eingesetzt werden.
  • Meeresschutzgebiete müssen geschaffen und adäquat gemanagt werden, um einen wirksamen Schutz der marinen Biodiversität zu gewährleisten.
  • Den EU-eigenen Kontrollorganen soll mehr Verantwortung übertragen werden, weil die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung zur Überwachung ihrer Fischer oftmals nicht nachkommen.
  • Bilaterale Fischereiabkommen mit Nicht-EU-Staaten sollten nur dann abgeschlossen werden, wenn eine nachhaltige Fischerei auch in diesen Gebieten gesichert ist und die Ressourcen der Drittländer nicht gefährdet werden.

Der Kommentar des SRU ist nur auf englisch erhältlich. Download "Towards Sustainable Fisheries"

Weitere Informationen erhalten Sie bei Christian Simon, Tel: 030-26 36 96-118.

Der SRU berät die Bundesregierung seit 1972 in Fragen der Umweltpolitik. Die Zusammensetzung des Rates aus sieben Universitätsprofessorinnen und ­professoren verschiedener Fachdisziplinen gewährleistet eine wissenschaftlich unabhängige und umfassende Begutachtung, sowohl aus naturwissenschaftlich-technischer als auch aus ökonomischer, rechtlicher, politikwissenschaftlicher und ethischer Perspektive.

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